St. Martin bei uns im Schulhaus - An-Gedacht im November 2020

 

Normalerweise geht es bei uns am 11.11. im Dorf rund. Nicht der beginnende Karneval bringt uns Dörfler auf Trab, sondern der Martinsumzug der Kindertagesstätte.

 

Der Posaunenchor geht voran, die Kinder mit Eltern und Erziehern traben hinterher. Dann und wann stoppen sie, um die Geschichte des Heiligen Martin in verschiedenen Szenen zu sehen und um die Martinslieder mit Inbrunst zu schmettern. Die Augen werden groß, wenn die Kinder darauf schauen, wie der heilige Mann das lange Schwert nimmt und seinen Mantel mit einem Schnitt teilt, um dem frierenden Bettler am Straßenrand die Hälfte davon zu reichen. Ende gut, alles gut. Normalerweise.

Nicht ganz normal geht es bei uns am 11.11. im Schulhaus rund. Nicht Karneval lässt uns aufspringen, sondern das Lüften. Alle zwanzig Minuten steht jemand auf, öffnet die Fenster für drei, vier Minuten und lässt frische Novemberluft in den Unterrichtsraum hinein.

Klar, so könnte jemand jetzt sagen und sich wissend abwenden, wo hier der frierende Bettler sitzt. Nicht irgendwo am Straßenrand, sondern mitten im Schulhaus als zunehmend vergletschernde Schülerin.

Diesen jemand lade ich ein, sich noch einmal zurückzuwenden. Denn nun eilen St. Martin und seine Nachahmerinnen mit Decken zur Hilfe. Mal sind es einfarbige Fleece-, mal vielfarbige Baumwoll- oder auch dezente Wolldecken, die sie unter dem Arm mit in das Schulhaus bringen. Und wenn dann eine Mitschülerin friert, dann wird die Decke einfach geteilt. Nicht ganz normal? Total normal! St. Martin bei uns im Schulhaus.

 

(von Pfr. Jens Dölschner)