Friedensfahrt nach Verdun

Unsere Schülerinnen der MSS 12 machten sich an ihrem Wandertag zu ihrer „Friedensfahrt nach Verdun“ auf den Weg. Was sie dort erlebten und wie sie die einzelnen Stationen empfanden, erzählen die folgenden Berichte:  

Vorbereitungstreffen Verdun 

Bevor wir unsere Fahrt für den Frieden nach Verdun antreten konnten, besuchte uns am 25 Mai 2022 Herr Köppl vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.  

In seinem Vortrag erläuterte er zum einen die Tätigkeiten und Aufgaben des Vereines. Hierbei erfuhren wir, dass der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge vor allem Kriegsgräber pflegt, welche sich im Ausland befinden, aber auch immer wieder nach bisher unentdeckten Kriegsopfern sucht. Neben diesen Aufgaben kümmert sich der Verein zudem um Anfragen von Angehörigen derer, die im Krieg gefallen sind oder getötet wurden. Zusammen mit diesen oder auch mit anderen Gruppen besuchen Mitglieder der Kriegsgräberfürsorge die in vielen Ländern bestehenden deutschen Friedhöfe.  

Zum anderen beschrieb Herr Köppl in seinem Vortrag den Verlauf des ersten Weltkrieges und ging hierbei auf die Bedeutung der Kämpfe um Verdun ein. Besonders betonte er den Umstand, dass diese Kämpfe auf einem relativ kleinen Gebiet ausgetragen wurden und dennoch von extremer Brutalität und Heftigkeit geprägt waren. Auch Waffen wie Giftgas, Granaten aber auch Bajonette wurden in diesen Schlachten genutzt. Hierdurch wurden zwei Seiten des Krieges beleuchtet, da die Soldaten zum einen machtlos gegenüber technisch fortgeschrittenen Waffen waren, sie zum anderen jedoch auch Mann gegen Mann kämpfen mussten.  

Herr Köppl bereitete uns so mit seinem Vortrag auf die Fahrt für den Frieden nach Verdun vor, die wir mit ihm gemeinsam am 03. Juni 2022 angetreten haben. 

(von Anneke Nebel) 

Mémorial de Verdun 

Der erste Halt auf unserer Verdunreise war das Mémorial de Verdun. Das Museum erzeugte schon beim Eintreten vor allem durch das Design und die dunkle Farbwahl eine eindrucksvolle Stimmung und ermöglichte es uns somit, uns in die trostlose und dunkle Zeit des Ersten Weltkrieges einzufühlen. Wir durften das Museum selbstständig erkunden, wodurch jede Schülerin in ihrem eigenen Tempo ihr historisches Hintergrundwissen auffrischen und die Ausstellung sowie die Ereignisse des Ersten Weltkrieges auf sich wirken lassen konnte. 

Da wir von Herrn Köppel begleitetet wurden, hatten wir die Möglichkeit, uns mit offenstehenden Fragen an ihn zu wenden. So erfuhren wir vieles, was uns bis dahin noch nicht bekannt war. Durch viele Animationen und interaktive Exponate gelang es, das Grauen des vergangenen Geschehens fühlbar zu machen. Besonders durch den Boden, der dem Untergrund eines Schlachtfeldes ähnelte und sich daher anfühlte, als würde man auf Schlamm laufen, fühlte man sich selbst in die Rolle eines Soldaten hineinversetzt. Diese Erfahrung ging einigen sehr nahe. Auch die individuellen, schrecklichen Schicksale der Soldaten, die vor allem im zweiten Teil der Ausstellung vorgestellt wurden, berührten uns und führten uns die Grausamkeit eines solchen Krieges vor Augen.  

Besonders ergreifend war das Ende der Ausstellung, welches sich den psychischen, sowie physischen Auswirkungen des Krieges auf die Überlebenden widmete. Die dort gezeigten erschreckenden Originalaufnahmen hinterließen eine tiefe Betroffenheit, die uns aus dem Museum begleitete. Das Mémorial de Verdun bereitete uns sehr gut auf den bevorstehenden Tag vor. Einige von uns planen sogar, das Museum ein weiteres Mal zu besuchen, um die Ausstellung in Ruhe und mit mehr Zeit nochmals auf sich wirken zu lassen und die, leider bei unserem Besuch geschlossene, Sonderausstellung zu besuchen. 

(von Tamina Knecht und Romy Rueff) 

Fort Douaumont 

Angekommen am Fort von Douaumont, welches im 19. Jahrhundert das stärkste Werk des äußeren Fortgürtels von Verdun war und damit auch in der "Schlacht von Verdun" eine große Rolle spielte, herrschte direkt eine ehrfürchtige Stimmung.  

Die kalten, feuchten und zum Teil sehr niedrigen Gänge ließen uns nur erahnen, was unten im Fort alles vorgefallen sein muss und vor allem, unter welchen Bedingungen die Soldaten dort leben mussten. Sowohl die medizinische Lage wie auch die sonstigen Lebensbedingungen, so erfuhren wir, mussten katastrophal gewesen sein. Die Soldaten waren auf engstem Raum mit vielen anderen Soldaten untergebracht, sodass etwas wie Privatsphäre undenkbar war. Dazu kamen die vielen Krankheiten, die durch mangelnde Hygiene und geringe Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wie Wasser, Nahrung oder auch Medizin zwangsläufig entstanden. Abgeschottet von der Außenwelt, von der eigenen Familie, lebten hier die Soldaten in Zeiten des Krieges unter schwierigsten Bedingungen. 

Beim Weitergehen kamen wir an einem riesigen Geschützturm vorbei, der unterirdisch vom Fort aus bedient wurde. Dieser Anblick war gleichermaßen erschreckend und furchteinflößend. Beim Gedanken daran, dass das Leben im Fort damals Kriegsalltag und Soldatenalltag für viele Menschen war und viele Menschen dort ihr Leben ließen, bedrückt. Gleichzeitig war es aber auch spannend, mehr über die vielen verwinkelten Gänge, die einzelnen Räume und einzelne Personen zu erfahren. Die feuchten, tropfenden, teilweise verschimmelten Wände tragen so viele Geschichten in sich, dass man einerseits alles erfahren, aber andererseits auch oft weghören möchte, wenn erzählt wird, wie in diesem damals vollkommen überfüllten Fort die Männer gelebt und gehaust haben. Lange noch werden die Erfahrungen und Eindrücke, die wir dort sammelten, in ihrer interessanten, gruseligen, spannenden und furchteinflößenden Weise in uns nachklingen. 

(von Luisa Kolb und Johanna Wölle) 

Das Beinhaus 

Das Wahrzeichen von Verdun schlechthin ist das Beinhaus. In diesem befinden sich die Knochen von geschätzt 130.000 Soldaten,

die während des ersten Weltkrieges verstorben sind. In dem Beinhaus sind nicht nur die sterblichen Überreste französischer, sondern auch deutscher Soldaten zu finden, da die Gebeine nicht eindeutig dem französischen oder deutschen Militär zuzuordnen waren. Vor dem Beinhaus findet man das Memorial, ein Gräberfeld von Soldaten, welche eindeutig dem französischen Militär zuzuordnen waren. Dort befinden sich 16.000 weiße Kreuze. Ein Kreuz ist dabei meist mehreren Soldaten gewidmet.  

Der Bau dieser speziellen Grabstätte des Beinhauses wurde vom damaligen Bischof von Verdun initiiert und direkt nach Ende des ersten Weltkrieges umgesetzt. Zu Beginn unseres Besuches dieses besonderen Ortes wurden wir von unserem Tour-Guide aufgefordert, durch kleine Fenster, die sich auf Kniehöhe befinden, einen Einblick in das Untergeschoss des Beinhauses zu nehmen. Man sah dort teils geordnete, aber auch teils wirr herumliegende Knochen. Manche Räume waren sogar bis an die Decke mit Gebeinen gefüllt.  

Später erfuhren wir, dass es in diesem Gebäude 54 solcher Kammern gibt. Das Schlachtfeld wurde in 52 Gebiete unterteilt, während die zwei weiteren Kammern für die Überreste bestimmt waren, die durch die häufigen und ergiebigen Regenfälle teilweise bis in die Maas geschwemmt wurden. Diese Unterteilung diente dazu, den Angehörigen die Möglichkeit zu geben, ihren lieben Vermissten so nah zu kommen, wie es die Örtlichkeiten zulassen. Einige aus unserer Stufe meinten, es gar nicht begreifen zu können, dass dort so viele Soldaten liegen, die hier ihr Leben verloren haben, und dass die vielen Knochen an einem Ort surreal wirken. Für manche war es unbegreiflich, dass die Gebeine mal individuelle Persönlichkeiten gewesen sind, die ihr Leben noch vor sich hatten.  

Über den Kammern im Untergeschoss befindet sich ein großer, langer Raum. Die Atmosphäre in diesem Raum war eigenartig, überwältigend und riss einen sofort aus dem Alltag heraus. Das Licht schien durch Wandsegmente aus Glas, welche den Raum in orange-rötliche Farben tauchten. Auf den Steinen der Wände und der bogenförmigen Decke haben Angehörige gegen eine Spende den Namen ihrer Vermissten verewigen lassen. Uns fiel nach einem Blick auf die Lebensdaten der Verstorbenen direkt auf, dass viele in unserem Alter ihr Leben für ihr Vaterland ließen, was uns sehr mitnahm. In Nischen wie auch an den beiden Enden des Raumes, befanden sich steinerne Särge. In zweien davon liegen an einem Ende der erste Pfarrer des Beinhauses und der Bischof, der dieses Denkmal in Auftrag gab. Des Weiteren gibt es eine schöne Kapelle, deren Fenster verschiedene Situationen aus dem Krieg widerspiegeln. Im Großen und Ganzen ist dieser Ort beeindruckend und atemberaubend, vor allem wenn man bedenkt, dass hier ursprünglich befeindete Soldaten gemeinsam ihre letzte Ruhe fanden. 

(von Laura Egin und Patricia Plechinger) 

Der Friedhof von Douaumont 

Bei unserem Besuch in Verdun im Rahmen unserer Friedensfahrt am 3. Juni 2022 bekamen wir einige Eindrücke, die viele von uns nicht so schnell vergessen werden.  

Nachdem wir eigenständig durch das Museum „Mémorial Verdun“ gegangen waren, um Informationen zu den Soldaten, Waffen und Zuständen auf dem Schlachtfeld von Verdun zu sammeln, fuhren wir auf dem Weg zu Fort Douaumont am Beinhaus vorbei. Mein persönlicher Eindruck beim ersten Blick auf die, wie wir später von Herrn Köppl erfuhren, 16.000 Kreuze auf dem weiten Grasstück vor dem Beinhaus war ein „Hand-über-den-Mund-schlagen-Augen-weit-aufreißen-Entsetzen“. Hinter mir meinte jemand, dass es aussähe wie in einem Film.  

Nach dem Besuch im Beinhaus verschlug es am Ausgang mancher den Atem. Das riesige Feld von weißen Kreuzen erscheint erst in voller Größe, wenn man wirklich davorsteht. Unter diesen Kreuzen liegen oft pro Kreuz mehrere französische Soldaten.  

Später fragte ich eine Mitschülerin, wie sie sich fühle und was ihr Eindruck vom Friedhof und dem Beinhaus sei. Sie teilte mir mit, dass sie die Atmosphäre im Beinhaus „mega schön“ fand und sie sich „dankbar fühle, dass sich jemand die Mühe gemacht habe, die Gefallenen zu identifizieren und den nicht Identifizierbaren ein würdiges Andenken zu geben“. Gleichzeitig sei es „voll bedrückend und überwältigend“ vor dem „riesigen Feld von zahllosen Kreuzen zu stehen“.  

Vom Ausgang des Beinhauses links gesehen befindet sich neben dem Friedhof ein großes, aus hellem Stein gebautes Denkmal an die muslimischen Soldaten, die aus den französischen Kolonien stammten wie Tunesien, Marokko, Algerien und Senegal. Eine halbe Millionen der acht Millionen französischen Soldaten kamen aus den französischen Kolonien, um Frankreich zu unterstützen. 

Rechts neben dem Meer von Kreuzen steht ein großes, ebenfalls aus hellem Stein erbautes, Denkmal an die jüdischen Soldaten, dessen Architektur an die Klagemauer in Jerusalem angelehnt ist.  

Rund um Verdun sieht das Gelände aus wie eine Mondlandschaft. Die Krater, die von Bomben, Granaten und Schützengräben übriggeblieben sind, durchziehen bis heute die Wälder, die mittlerweile dort gewachsen sind. Wie uns von Herrn Köppl erklärt wurde, ist das Terrain bis heute gefährlich durch übriggebliebene Blindgänger und die Reste des Giftgases in der Erde.  

Ich kann der Inschrift im Beinhaus von Francois Hollande, Präsident der Französischen Republik, und Angela Merkel, Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, vom 29. Mai 2016 nur zustimmen: „Lasst uns niemals dieses Grauen vergessen.“ Oder wie das Motto unserer Fahrt lautete: „Gegen Krieg, Contre la Guerre“.  

(von Josefine Dunsch) 

Fleury 

Nachdem wird das Beinhaus von Douaumont besichtigt und der gefallenen Soldaten gedacht hatten, fuhren wir mit dem Bus zu dem nahegelegenen Dorf Fleury weiter. Fleury wurde im Ersten Weltkrieg bei der Schlacht um Verdun vollständig zerstört, jedoch nicht wie zahlreiche andere Städte wiederaufgebaut. Noch heute ist zur Erinnerung ein Ortschild zu finden, auf welches auch wir gestoßen sind. 

Aufgrund der ungünstigen Wetterlage war es uns leider nicht möglich, durch das zugrunde gerichtete Dorf zu laufen und die Ruinen zu betrachten. Stattdessen hörten wir einen sehr berührenden Bericht von Herrn Köppel, der uns persönliche Einblicke in seine Familiengeschichte gab. Durch lange Nachforschung fand er heraus, dass Familienangehörige in diesem Gebiet an der Schlacht beteiligt waren, wodurch der Ort für alle viel nahbarer erschien und anders auf uns wirkte. Die Geschehnisse und die grausamen Folgen des Krieges für die Menschen wurden dadurch viel greifbarer; die Einzelschicksale machten uns bewusst, dass hinter all den großen Zahlen auch nur Menschen stehen, die sich eine Zukunft, eine Familie und ein glückliches Leben in Frieden gewünscht haben.  

Wir Schülerinnen waren von dem persönlichen Einblick sehr gerührt und wurden zum intensiven Nachdenken angeregt. Die Atmosphäre im Bus war dementsprechend schwermütig, bis wir den Bericht hatten sacken lassen. Anschließend entstand ziemlich schnell ein angeregter Austausch. Wir sind der festen Überzeugung, dass so etwas nie wieder passieren darf und haben durch die Fahrt einen bedeutsamen Anstoß bekommen, dass wir uns dafür zukünftig einsetzen werden. 

(von Friederike Wallmen) 

Hautecourt 

An einer vielbefahrenen Straße liegt der deutsche Soldatenfriedhof von Hautecourt. Im Gegensatz zu den unzählig vielen weißen Kreuzen von Douaumont wirkten die wenigen metallenen Kreuze auf der weiten Wiesenfläche etwas verloren. Doch beim Umschreiten eines jeden Kreuzes wurde uns bewusst, dass ein Kreuz stellvertretend für zwei, drei oder vier gefallene Soldaten steht. Insgesamt wurden an diesem Ort ca. 8000 Soldaten begraben. Manche von ihnen waren bei ihrem Sterben kaum älter als die mitfahrenden Schülerinnen.  

Um ihrer zu gedenken, breiteten wir auf dem Friedhof unser selbstgestaltetes Banner mit dem dreisprachigen Motto „Gegen Krieg“ aus, sprachen miteinander das Gebet „Herr, mach mich zum Werkzeug deines Friedens“ und sangen miteinander das alte Protestlied „We shall overcome“. Die vorbeifahrenden Autos und LKW hupten, so schien es, im Rhythmus des Liedes zum Gruß. Ganz am Ende nahm jede/jeder von uns eine Kerze, ging über den Friedhof und stellte sie vor einem Kreuz als Erinnerung an die gefallenen Soldaten und als Protestzeichen gegen den Krieg ab.  

(von Jens Dölschner) 

Diese Fahrt wurde gefördert durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und dessen Stiftung Gedenken und Frieden, dem Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz und dem Freundeskreis des Edith-Stein-Gymnasiums. Allen Förderern ein herzliches Dankeschön.