Grenzregion Elsass – Eine Reise in die deutsch-französische Vergangenheit

Am verlängerten Fronleichnam-Wochenende unternahm eine Gruppe von Schülerinnen, Lehrern und Freunden des ESG eine Reise ins Elsass.

Nur 70 km vor den Toren Speyers liegt das Elsass. Für viele unserer Schülerinnen „terra
incognita“ – unbekanntes Gebiet, obwohl man gerade einmal 45 Minuten mit dem Auto
unterwegs ist, um das Städtchen Weißenburg/Wissembourg im Nordosten Frankreichs zu
erreichen.
Die pfälzisch-badische Nachbarregion war in diesem Jahr das Hauptziel unserer ESG-
Geschichtsfahrt. Jedes Jahr unternehmen eine geschichtsbegeistere Gruppe Schülerinnen
von Klasse 10 bis 12, Lehrer, Lehrinnen, Eltern und Gäste eine Reise in die Vergangenheit,
und zwar nicht während der Unterrichtszeit, sondern an unterrichtsfreien Tagen.
Wie alle Landschaften an Grenzen wurde das Elsass zum Spielball der Mächtigen, die in ihren
Kriegen die Menschen nicht fragten, was diese den eigentlich wollen. Die Antwort wäre
sicher einfach gewesen: Ruhe und Frieden! Was Menschen Menschen antun, nur weil
plötzlich die Politik die eine Hälfte zu Feinden erklärt, wurde den oft fassungslosen
Teilnehmerinnen unserer Fahrt schnell klar.
Der erst Stopp war die Zitadelle von Bitche in Lothringen, die den Krieg 1870/71 plastisch vor
Augen führt. Ein virtueller Rundgang lässt das Leid der Menschen in der Zitadelle während
des Krieges miterleben, vor allem aber nach Ende des Krieges, als der französische
Kommandant wider jegliche Vernunft die Übergabe an das deutsche Militär verweigerte. Der
„Garten des Friedens“ unterhalb der Zitadelle mit seinem ästhetischen Blumenschmuck lud
uns danach zum Verweilen und Nachdenken ein.
Am nächsten Tag hieß unser Ziel „Hartmannswillerkopf“. Frankreichs Staatspräsident
Macron und Bundespräsident Steinmeier weihten hier 2017 das erste gemeinsame
Erinnerungszentrum beider Länder ein. Der Hartmannsweilerkopf ist eines der am besten
erhaltenen Schlachtfelder an der Westfront; die Elsässer nennen ihn „Menschenfresser“
oder „Berg des Todes“. Denn hier tobten im Ersten Weltkrieg blutige Schlachten, deren
Spuren noch heute zu sehen sind. Ungefähr 30.000 Soldaten fielen am Berg und in seiner
nächsten Umgebung. Viele Tote sind noch immer nicht geborgen. Während eines Gewitters
darf der Berg nicht betreten werden, da er voller Metall steckt. Dreieinhalb Stunden
marschierten wir mit kundiger Begleitung durch die Schützengräben und Unterstände von
der französischen Seite auf die deutsche Seite, die nur wenige Meter auseinanderliegen.
Am letzten Tag besuchten wir den Odilienberg, den größten Wallfahrtort des Elsass, und
bewunderten die Rheinebene, die tief unter uns lag. Danach fuhren wir zum Fort
Schoenenbourg, einem Fort der Maginotlinie, gebaut als gigantisches, nutzloses
Verteidigungssystem, das den nächsten, den Zweiten Weltkrieg nicht verhindern konnte.
Zum Abschluss waren wir in die evangelische Kirche in Schweigen eingeladen, wo uns
Pfarrerin Lingenfelder mit einigen Konfirmanden und Erfrischungsgetränken und der
ehemalige Pfarrer von Weißenburg, Marc Seiwert, zu einem Gottesdienst willkommen
hießen. Hier erfuhren wir, was „Leben an der Grenze“, die ursprünglich keine war, bedeutete
und bedeutet. Da die Schweigener Konfirmanden einen Ausflug zum Hartmannsweilerkopf
planen, gaben unsere Schülerinnen voller Begeisterung Auskunft über ihre Erleb- und
Erkenntnisse aus unserer „Reise in die Vergangenheit“.

(Wiltrud Ziegler)