„Stolpersteine“ in Speyer - ESG engagiert sich im Gedenken an Opfer des NS-Regimes

In unserer Schule fanden in den letzten Tagen verschiedene Veranstaltungen im Zeichen des Gedenkens an die Opfer des Nazi-Terrors statt. Wir unterstützen die Bemühungen um die Anbringung von sogenannten „Stolpersteinen“ in Speyer. Parallel dazu wurden wir von dem Autorenpaar des Buches „Der Stolperstein“ besucht, die aus ihrem Werk lasen und Einblicke in ihre spannende Lebens- und Familiengeschichte gaben.

Freitag, 27. April: Ausstellungseröffnung Spendenübergabe

Am Freitag, den 27. April besuchten uns die Mitorganisatoren der „Initiative Stolpersteine für Speyer“, Frau Scholl und Frau Kolbinger. Sie stellten ihre Arbeit vor und nahmen eine Spende für die Anschaffung eines Stolpersteins in Empfang. Außerdem wurde eine Ausstellung eröffnet, die die Lebensgeschichte von Verfolgten der Nazi-Zeit darstellt.

Clara Böhm, unsere ehemalige Schülerin, eröffnete das Treffen mit der Rezitation eines Gedichts von Selma Meerbaum-Eisinger. „Ich möchte leben, ich möchte lachen, (...)ich möchte frei sein, (...)ich möchte nicht sterben, (...)“ heißt es in dem fesselnden Gedicht der jungen Jüdin, die dem Holocaust nicht entkam.

Ihre Lyrik allerdings konnten die Nationalsozialisten nicht vernichten, wie Frau Meuser berichtete. Gemeinsam mit Frau Kröper suchte sie den Kontakt und die Zusammenarbeit mit der Stolperstein-Initiative. Frau Meuser erklärte weiter, dass wir es einer Freundin von Selma Meerbaum-Eisinger verdanken, dass wir heute ihre Gedichte und ihr Schicksal kennen: Sie konnte dem Terror entkommen, nach Palästina fliehen und Selmas Erinnerung bewahren. „Verfolgung ist keine Geschichte aus einem fernen Land“, erklärte Frau Meuser den anwesenden Schülerinnen, Lehrern und Besuchern. „Verfolgung fand auch hier statt! Die Stolperstein-Aktion soll daran erinnern“, unterstrich sie.

Frau Scholl, stellte im Anschluss die Initiative vor, die auf den Künstler Günter Demnig zurückgeht. „Es geht darum zu zeigen, dass die Opfer des NS-Regimes einmal unsere Nachbarn waren“, erklärte Scholl. Im Kreise der Stadtführer sei die Idee entstanden, auch in Speyer mit den Messingtafeln auf Schicksale aus der Nazizeit hinzuweisen. Nachdem der Speyerer Stadtrat der Aktion zugestimmt habe, kam es schnell zur Zusammenarbeit mit dem ESG, das die Anschaffung eines Stolpersteins übernehmen wird.

Die Ausstellung, die verschiedene Informationstafeln und Bilder enthält, findet sich im Treppenaufgang, neben der Büste Edith Steins. Herr Dr. Kotulla erklärte, dass „gerade eine Schule, die sich christlichen Werten widmet, die den Namen der Jüdin Edith Stein trägt, ein ganz besonderes Interesse an der Erinnerung“ habe. Deshalb sei man froh die Ausstellung bei uns zu haben und deshalb war es das Anliegen als Schulgemeinschaft ein Zeichen gegen Verfolgung zu setzen. Und darum überreichte er Frau Scholl einen Scheck über 120 Euro - Die Summe, die für die Anschaffung eines Stolpersteins benötigt wird. Kotulla betonte, dass dies ein Zeichen gegen „Hass und Hetze“ sein solle. Mit Blick auf die anwesenden Schülerinnen ergänzte er: „Dagegen müssen wir auch in Zukunft etwas tun.“

 

 

Mittwoch, 2. Mai: Lesung der Autoren des Romans „Der Stolperstein“

Im Zuge der „Stolperstein-Aktionen“ am Edith Stein Gymnasium besuchten uns Juli Freestone und Rudi Raab und stellten ihr Buch „Der Stolperstein“ vor. Darin befassen sich die US-Amerikaner mit dem Umgang mit den schwierigen Familiengeschichten von Opfern und Tätern des Nationalsozialismus. Dabei ist die Handlung zu „93% autobiographisch“, wie Rudi Raab berichtete...

In unserer Aula begrüßte Dr. Andreas Kotulla die anwesenden Schülerinnen des 10. bis 12. Jahrgangs, die anwesenden Lehrer sowie die aus den USA angereisten Autoren, Juli Freestone und Rudi Raab. Kotulla erklärte, dass die Idee zu dieser Lesung auf eine ehemalige Schülerin zurückgeht, die mittlerweile seit einiger Zeit in Norddeutschland lebt. Kotulla egänzte, dass die Aktion in unmittelbarem Zusammenhang mit der Unterstützung der „Initiative Stolpersteine für Speyer“ stehe. Deshalb warb er um finanzielle Spenden für die Initiative, die am Ende der Lesung abgegeben werden konnten, ehe er das Wort an die beiden amerikanischen Gäste übergab.

Mit Rudi Raab und Juli Freestone hatte ein interessantes Paar seinen Weg zu uns gefunden. Raab ist der, mittlerweile in den USA lebende Sohn, von „Vorzeige-Nazis“, wie er selbst zugibt. Freestone hingegen ist Nachfahrin in die USA emigrierter osteuropäischer Juden. Wie die beiden trotz dieser vermeintlich schweren Hypothek zueinandergefunden haben, ist nur ein Aspekt, den sie literarisch aufgearbeitet haben. Angestoßen durch den Spürsinn der Journalistin Freestone begannen beide gemeinsam, die Familiengeschichte Raabs genauer zu hinterfragen und entdeckten Überraschendes. Zwar stimmt es, der Vater war als Leiter eine nationalsozialistischen Eliteschule („Napola“), Teil der Täter. Gemeinsam entdeckten Raab und Firestone aber, dass Rudi Raabs Onkel Opfer des Nationalsozialismus war. „Man hat mir immer erzählt, er sei etwas rebellisch gewesen und habe deswegen Probleme gehabt.“ Heute weiß Raab, dass sein Onkel wahrscheinlich im KZ Buchenwald starb. Der Tod seines „Onkel Gerhard“ war es dann auch, der die Idee zum Titel des Buches lieferte: Zunächst wollte auch Rudi Raab mit seinen Angehörigen einen Stolperstein stiften. Es war ihm darüber hinaus dann aber noch wichtig „nicht nur einen Stein zu machen“, sondern dem Toten eine Stimme zu geben, die „gehört werden kann“.

In einer offenen Fragerunde, waren es dann vor allem die Generationenkonflikte, die unsere Schülerinnen interessierten: „Wie kommen Sie damit klar, dass ihr Vater Teil des NS-Apparats war?“, „Haben Sie ihren Vater je mit seiner Vergangenheit konfrontiert?“ und „Wie war es als Jüdin, den Sohn deutscher Nazis als Partner vorzustellen?“

Juli Freestone und Rudi Raab freuten sich über eine „herzliche Atmosphäre am ESG“ und waren sehr angetan von dem Interesse und dem Engagement unserer Schülerinnen. „Darin sehen wir auch eine Bestätigung, dass es richtig war, dieses Buch geschrieben zu haben“, so Raab.

Im Nachgang zeigte sich, dass die Spenden der Schulgemeinschaft ausreichten, um die Kosten für die Anschaffung des Stolpersteins zu decken.

Am Freitag, den 11. Mai finden um 15 Uhr die Verlegung der Stolpersteine in Speyer statt. Dabei werden auch sechs unserer Schülerinnen mitwirken und Einblicke in das Leben der Menschen geben, denen durch die Stolpersteine gedacht wird.

An diesen Stellen in Speyer werden die ersten Steine verlegt werden:

In der Schraudolphstraße 26 werden sechs Steine für die Familie Mühlhauser,

in der Schraudolphstraße 31 werden fünf Steine für die Familie Grünberg und

im Lenhart 35 werden fünf Steine für Familie Schultheis verlegt.